Wir, das Medibüro Kiel, Medizinische Hilfe für Menschen ohne Papiere, unterstützen die zeitnahe Einrichtung von Clearingstellen.
Die Beschreibung der aktuellen Situation erscheint uns im Wesentlichen als zutreffend. Es wurde viel wichtiges Material zum Thema zusammengetragen. Das Clearing und seine Sinnhaftigkeit werden ausführlich beschrieben. Dies erscheint uns nötig um nicht nur Geflüchtete ohne gesicherten Aufenthaltsstatus, sondern auch um unversicherte Bundesbürger*innen zu versorgen.
Was die jetzigen „Anlaufstellen“ nicht leisten
Unter „4. Aktuelle Versorgungsstruktur in S-H“ wird von einem „regulären Behandlungsanspruch“ gesprochen. Dieser wird durch die „zehn Anlaufstellen“ nicht geschaffen oder eingelöst, sondern es wird eine außerordentliche, ehrenamtliche Behandlungs-“möglichkeit“ geschaffen. Dass die „Anlaufstellen“ analog zu Clearingstellen Beratungen zu Aufenthaltsstatus, Krankenversicherungsschutz, Leistungsansprüchen und medizinischer Versorgung böten, stimmt nicht. Auf Beratungsmöglichkeiten wird allenfalls in sehr begrenztem Umfang hingewiesen.
Anonymität ist zentral
Wenn die Vergütung der Krankenhaus-Behandlung es zwingend nötig macht, dass der Sozialhilfeträger zur Unterrichtung der Ausländerbehörde verpflichtet ist (siehe S. 5), ist dies aus unserer Sicht keine Option. Es schließt unsere Klientel aus. Der verantwortliche Umgang mit der Anonymität ist für unsere Klientel unabdingbar. Laut der Bundesärztekammer ist „nicht abschließend geklärt, ob der in Nr. 88.2.4.0 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz anerkannte „verlängerte Geheimnisschutz“ im Verhältnis zu dem in § 11 Abs. 3 Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Datenabgleich vorrangig ist. Der Kontext der Ausführungen in Nr. 88.2.4.0 impliziert, dass sämtliche öffentliche Stellen, darunter auch Träger der Sozialhilfe, auf den verlängerten Geheimnisschutz verpflichtet sein sollten. Auf diese Problematik hat bereits die Bundesärztekammer das Bundesministerium des Innern sowie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hingewiesen.“ (Bundesärztekammer: „Patientinnen und Patienten ohne legalen Aufenthaltsstatus in Krankenhaus und Praxis“, 11/2013)
Behördentüren sind eine Hürde
Die meisten unserer bisherigen Patient*innen werden von Ärzt*innen, die uns persönlich bekannt sind, ehrenamtlich ambulant behandelt.
Der Satz „Grundsätzlich spricht nach Aussage der Beratungsstellen nichts gegen die Anbindung an eine Behörde.“ stimmt nach unserem Empfinden nicht. In Kiel klappt die Versorgung mit Schwangeren durch das Gesundheitsamt und Frau Dr. Schumann-Bulda außerordentlich gut. Das scheint uns aber nicht zwingend verallgemeinerbar. Im Allgemeinen hat unsere Klientel großen Respekt vor „Behördentüren“. Die Anbindung des Clearings an Beratungsstellen für Geflüchtete erscheint uns der bessere Weg.
Es braucht Professionalität und den Anonymen Krankenschein
Die unter „5. Lösungsansätzen“ beschriebenen Rahmenbedingungen zeigen die Notwendigkeit der Professionalität. Ein „ergänzendes ehrenamtliches Angebot“ wie das Medibüro kann diese nur sehr bedingt einlösen. Es wird im vorliegenden Bericht der Landesregierung fast alles über Clearing geschrieben, aber auch am Ende des Clearings ist der oder die Hilfesuchende immer noch medizinisch unversorgt. Die Möglichkeit eines anonymisierten Krankenscheins wird leider nicht erwähnt. Sie ist aber zentral.
Clearingstellen jetzt
„Es wird berichtet, dass aktuell in Schleswig-Holstein für jede hilfebedürftige Person die Vermittlung in eine Gesundheitsversorgung möglich war.“ (S. 14, Mitte) Dieser Satz stimmt definitiv nicht. Gerade deshalb ist das Medibüro Kiel weiterhin der Überzeugung, dass die medizinische Versorgung der sehr heterogenen Gruppe von Hilfesuchenden nicht dauerhaft der Ehrenamtlichkeit überlassen bleiben darf.
Daher unterstützen wir die große Linie des Berichts:
Clearingstellen jetzt einrichten, aber unter sicheren Bedingungen für unsere Klientel, und von da ausgehend unbeeinträchtigter Zugang zu Krankenversorgung, z.B. mittels Anonymisiertem Krankenschein!